Sollte in Kinderjahren unterrichtet werden?
von Monica Shah Zeeman
In Europa wird viel darüber diskutiert, ob es für Kinder in der Vorschule wichtiger ist zu lernen oder zu spielen.
Sollten Kinder nicht warten bis sie mindestens fünf oder idealerweise sieben Jahre alt sind, um zur Schule zu gehen? Dieses Dilemma ist Teil eines veralteten Lern-Konzepts, wobei Erwachsene sprechen und Kinder zuhören, still sitzen und passiv werden. Idealerweise ist Vorschule beides – Erziehung und Betreuung – nicht in verschiedenen Momenten vermittelt, sondern gleichzeitig. Ein freundlicher aber entschlossener Erwachsener stellt den besten Lehrer des Kindes dar und sollte ihm nicht veraltete Fähigkeiten beibringen, sondern ihm Freiheit geben zu lernen, wann es will und nicht dauernd seine täglichen Interessen festlegen.
Wir werden in Zürich gefragt, warum wir Kinder so früh unterrichten. Lasst sie barfuss über Felder laufen, und ihre Seele vor ihrem Geist entwickeln! Sollten sie nicht frei spielen können, bevor sie lernen was Arbeit ist? Dieses romantische Ideal der Kindheit ist besonders reizvoll je mehr Erwachsene sich von ihrer eigenen Kindheit entfernen. Erwachsene müssen arbeiten, Kinder nicht. Aber wie schon Maria Montessori wahrnahm, unterscheiden Kinder nicht zwischen ‘Arbeit’ und ‘Spiel’. Sie geben sich jeder Aktivität komplett hin, ihre Interaktionen sind intensiv, persönlich und emotional. Es sind die Erwachsenen im Umfeld des Kindes, welche den älteren Kindern die Bedeutung der ‘harten Arbeit’ beibringen, sollte es dies noch nicht gelernt haben, denn jüngere Kinder sind von Natur aus arbeitsam. Dies ist einer der vielen Gründe warum ich gerne viel Zeit mit Kindern verbringe, bevor sie mit den Konzepten der Erwachsenen bekannt gemacht werden, welche ihren natürlichen Enthusiasmus dem Leben gegenüber dämpfen.
In Children First streben wir danach frühes Lernen lustig, belohnend und in Verbindung mit den Werten der Familie zu gestalten. Von jungen Kindern wird nicht erwartet, dass sie an einem Schreibtisch sitzen, denn ihre erste Schule hier verfügt über wunderschöne offene Räumlichkeiten, wo die Bewegung von einem Lernbereich zum anderen angeregt wird. Wir wissen, dass Kinder durch Bewegung lernen und daher sollten sie nicht eingeschränkt werden. Die Rolle des ‘Lehrers’ ist, sie mit Herzlichkeit zu führen und ihnen den besten Umgang mit den Spielen, Spielzeugen und Materialien zu zeigen. Sie nehmen gute Gewohnheiten an, wie zum Beispiel ihre Energie in konstruktive Aktivitäten einzusetzen, die ihren jungen Verstand anregen und die ihnen helfen, einen reichen weiträumigen Wortschatz anzulegen. Aus der Sprache heraus entsteht Verhandlung: sobald sie mindestens eine Sprache fliessend beherrschen, können sie das Verhandeln lernen – eine Fertigkeit die Konflikte im Kindergarten vermeiden hilft und die Basis für wertvolle Fähigkeiten im weiteren Leben darstellt.
Wie steht es mit dem Kindheits-Paradies: sollten Kinder den ganzen Tag drinnen verbringen mit einer strukturierten Routine, oder eher der Ebbe und Flut des häuslichen Leben zu Hause folgen? Die Realität ist, dass Kind zu sein nie ideal ist, denn Kinder sind für ihr Glücklich-Sein auf andere angewiesen. Selbstständigkeit kommt früh, aber Sozialisierung schafft Verbindungen, welche die individuelle Entwicklung des Kindes ergänzt und ausgleicht. Als Eltern können wir nur beeinflussen mit wem unsere Kinder Zeit verbringen und von wem sie lernen. Kinder lernen nämlich nicht nur in der Schule. Und Spielen ist nicht nur etwas was Kinder zu Hause tun. Kinder lernen andauernd, jede Minute absorbieren sie alles was sie umgibt und diese Stimuli tragen schon vom Säuglingsalter zur ihrer Entwicklung bei. Geschulte Erwachsene konzentrieren sich auf die Lernprozesse und Entwicklung der Kinder und geben den Eltern Rückmeldung über wie ihre Kinder wachsen. Sobald Kinder drei oder vier Jahre alt sind werden diese Erwachsene Lehrer genannt. Aber sie sind viel mehr als das: sie sind Betreuer, Leiter und Vorbilder. Ihre Fähigkeiten und Fachkenntnisse, wie z.B. Sprachkompetenz, sind von grosser Bedeutung. Lehrer dieser frühen Jahre sind parallel zu den Eltern verantwortlich für die wichtigste Arbeit der Welt: Herzen und Verstande der nächsten Generation zu formen und das volle Potential jedes einzelnen Kindes zu verwirklichen.